Fauna der Pyrenäen
Die Pyrenäen stellen wohl den vielseitigsten
Naturraum Westeuropas dar was Landschaft, Flora und Fauna betrifft. Weit von
den wichtigen Kommunikationsknoten
und überbesiedelten Gebieten Mitteleuropas, war diese Gebirgskette sehr lange
vor großen Infrastrukturprojekten verschont, so dass ein Grossteil ihres
urigen Naturvermögens bis heute erhalten geblieben ist. Auch ihre Rolle als
geografische und auch klimatische Schranke, hat dazu beigetragen, ihre einzigartige Persönlichkeit zu bilden.
Die Situierung am Nordwestrand des Mittelmeerraums, sowie die gewaltige Höhe
und gebirgige Morphologie verleihen ihnen den Charakter einer „wilden Grenze“,
wo sich Norden und Süden begegnen. Und so ist es möglich, dass im selben Gebirge
eine Vielfalt von Biotopen Europas vertretet sind: vom alpinen Geröll und
Gletscher des Maladetas- Massivs bis zum mediterranen Flair der Calas bei
Portbou. Von den dichten, nebligen Tannenwäldern im Luchon- Tal bis zu den
lichtvollen Korkwäldern von La Jonquera; von „Tundra- ähnlichen“ Hochalmen jenseits der 2.000 Meter zu den
sonngebrannten Felsen der südlichen Canyons. Die Tierwelt ist auf die
unterschiedlichsten Lebensräume angepasst und dementsprechend genauso so
vielseitig, wie die Landschaft selbst: das erklärt wieso sich auf engstem Raum
sowohl Vertreter der nördlichen Fauna, die ebenso oberhalb des arktischen
Kreises zuhause sind, als auch südliche Siedler mit afrikanischer Herkunft
treffen.
Anbei eine Auslese dieser bunten Mischung:
Der Auerhahn:
der große Scheue, ist in
den Nadelwäldern von Tannen und Latschenkiefern bis zur oberen Baumgrenze zu
finden. Auch die Mischwälder mit Buchen oder Birken sind ein beliebtes
Zuhause, solange es guten Bestand von Himbeeren und Heidelbeeren gibt. Im
Westen ist er im Bereich des 3-Länderecks Bearn-Navarra-Aragonien zu finden.
Weiter nach Osten verschwindet er fast ganz und kommt erst in der
Haute-Garonne, Aran, Ariège und vor allem im Pallars Sobirà wieder vor, wo
seine Population sogar vergleichbar mit den besten Regionen Skandinaviens
ist!.
Der Rauhfußkauz:
in den Pyrenäen eine
echte Rarität, wie der Auerhahn ein Gast aus der nörlichen Taiga, doch
anwesend nur in sehr lokalisierten uralten Tannenwäldern der Zentralpyrenäen.
Die Nachbarschaft des Schwarzspechts wünscht er sich, da er die verlassenen
Stammlöcher für sein Zuhause braucht.
Das Alpenschneehuhn:
vor allem im östlichen Zentralabschnitt des
Gebirges aber nicht nur dort, denn vom Ossau- Tal über Ordesa- Gavarnie bis
zum Canigó kann er gesichtet werden. Sein Lebensraum: offenes Gelände über
2.200 m, Geröll, Firn und Hochalmen, häufig nah des Hauptkamms. Im Sommer ist
es auf der Nordseite leichter zu entdecken, im Winter dagegen eher auf der
Südseite des Kamms.
Der Schneefink:
noch ein Überlebender der Eiszeit, auch in den oberen
Lagen zu finden, aber anders als das Schneehuhn, verlässt er gelegentlich das
Hochgebirge.
Der
Schmutzgeier: in den Hochpyrenäen eher selten zu finden. Viel mehr
scheint er die Felsen der südlichen Vorpyrenäen zu mögen, wo er mediterranes
Klima geniessen kann. Den Winter verbringt er in Afrika.
Der Bartgeier:
die Pyrenäen beherbergen die größte Population
Westeuropas, mit über der Hälfte der existierenden Exemplaren. Gut angepasst
an das Hochgebirge ( kommt auch in den Himalayas vor), ist er ein typischer
Bewohner der 3000er Gipfel. Über den Maladetas- Gletschern zum Beispiel ist
seine grosse Gestalt ( 3 Meter lang ) nicht schwer zu identifizieren. Seine
Anzahl erholt sich von der fast totalen Ausrottung nach einem erfolgreichen
LIFE-Programm der EU.
Der Gänsegeier: noch ein Riesenassfresser. Momentan recht häufig in den
Pyrenäen. Die Überpopulation scheint ihre obere Grenze erreicht zu haben, was
über Belgien in diesem Sommer 2007 bemerkbar wurde: dort wurden Geier pyrenäischer Herkunft am Himmel gesichtet!
Das Murmeltier: mit alpenländischer Herkunft, wurde auf der
französischen Seite der Pyrenäen in den 50er Jahren angesiedelt. Heutzutage
ist es auf beiden Seiten des Gebirges leicht zu finden, vor allem an steilen
Grasshängen, die zum Süden gerichtet sind. Im Westen kommt es sogar unter
1.900 m vor. Im Osten, Cerdanya z.B., selten unterhalb von 2.400 m.
Der Hermelin: im Hochgebirge zu Hause, von Ost-Navarra bis zur
Nuria-Region (vielleicht auch im Canigó-Massiv ?). Voraussetzung ist
ausreichender Schnee im Winter, denn - genauso wie das Schnnehuhn - braucht er
zur Tarnung die weiße Deckung des Terrains in der kalten Jahreszeit. Auch
wasserreiche Gebiete wie zum Beispiel die Seenplatten, Bäche und Moore des
Aigües Tortes-Sant Maurici-Nationalparks sind bei ihm sehr beliebt.
Die Wildkatze: selten oberhalb von 2000 m, ansonsten ist sie weit
verbreitet und kommt fast überall vor, ob Wiesen mit Gebüsch oder Nadel- und
Laubwälder. Jedoch ist sie besonders schwer zu entdecken und in geringer
Anzahl vorhanden.
Die Ginsterkatze: als nordafrikanischer Aussiedler zieht sie die
milderen, niedrigeren Lagen bis 1300 m dem Hochgebirge vor. Im Winter traut
sie sich nur auf die oberen Tannenwälder, vorausgesetzt, dass die Saison
schneearm ist, denn grosse Kälte erträgt sie nicht. Im Sommer lässt sie sich
etwas häufiger in den Bergwäldern sehen, bald kehrt sie aber dorthin zurück wo
sie sich am wohlsten fühlt, nämlich vor allem in den Steineichen- und
Pinienwäldern der südlichen Vorpyrenäen.
Der Luchs: ob er tatsächlich noch in den Pyrenäen lebt, ist unklar. Auf
jeden Fall ginge es nicht um eine Population, sondern nur um einzelne
isolierte Individuen. Von seiner Gegenwart hat man zuletzt nur wenige dubiose
Berichte aus den 80er Jahren um das Carlit-Massiv und die französische
Cerdanya erhalten.
Der Braunbär: Meister Petz wehrt sich dagegen, das Gebirge zu
verlassen: stand Ende des letzten Jahrhunderts kurz vor der totalen
Ausrottung, heutzutage scheint aber seine Lage weniger dramatisch zu sein.
Grund dafür sind diverse Aussetzungen von Bären slowenischer Herkunft, die die
französischen Behörden unter dem LIFE-Programm in den letzten Jahren
vorgenommen haben. Traditionelles Bärengebiet ist im Westen das 3-Ländereck
Bearn-Navarra-Aragonien ( die Täler von Belagua, Ansó, Hecho und vor allem
Aspe und Ossau ). Aber die echte Hochburg der Braunbären liegt heute weiter
Richtung Osten, wo die angesiedelten Tiere und deren Nachkommen sich in einem
enormen Gebiet ausgebreitet haben: die Täler von Benasque, Luchon und Aran,
Hoch-Ariège bis östlich von Andorra, Andorra selbst (gelegentlich), nördliche
Ribagorça und Pallars Sobirà ( vor allem im Naturpark Alt Pirineu, seltener im
Nationalpark Aigües Tortes & Sant Maurici).
Der Wolf:
noch ein mythisches Tier, wurde Anfang des 20.Jahrhunderts
ausgerottet. Allerdings – wie der Braunbär - seit wenigen Jahren auf dem (
kleinen ) Vormarsch in die Pyrenäen. In Navarra und in Westaragonien lassen
sich gelegentlich die ersten isolierten Wölfe aus benachbarten Regionen von
Kastilien beobachten, die aber (noch) nicht lange in diesem Fremdgebiet
bleiben. Andererseits haben sich, tief im Osten, rund um die Carlit- und
Madres-Massiv ein paar Exemplare niedergelassen. Die Herkunft dieser kleinen
Gruppe sind erstaunlicherweise die italienischen Meeresalpen. Anscheinend
haben es in den 90er Jahren tatsächlich wenige Exemplare geschafft, durch die
Naturgebiete Südfrankreichs, den östlichen Teil der Pyrenäen zu erreichen.
Nachgewiesen ist auch die regelmäßige Anwesenheit von isolierten Exemplaren im
katalanischen Naturpark Cadi-Moixeró, die aus der erwähnten kleinen
italienischen Kolonie östlich von Andorra stammen.
Der Damhirsch:
ursprünglich kommt er aus milderen Regionen des
östlichen Mittelmeerraums, wurde später in weiten Regionen Europas
angesiedelt, auch in manchen Gebieten der Pyrenäen. Im Zentral Pallars Sobirà
ist er auf beiden Seiten des Flusses Noguera Pallaresa im Überfluss vorhanden.
In den oberen Nadelwäldern, nah der Baumgrenze, kommt er nur im Sommer vor,
denn bei Schnee zieht er sich in südlichere bzw. tiefere Wälder zurück.
Der Rothirsch: im Westen vor allem im Irati-Wald vorhanden. Auf der
Nordseite der Zentralpyrenäen ist er im Barousse-Tal sowie Luchon, Aran und
Ariège zu Hause. Weitere Gebiete sind das Carlit-Massiv, der Naturpark
Cadí-Moixeró und Pallars Sobirà. Er kann sowohl in dichten Wäldern als auch im
offenen Gelände leben; Optimal sind für ihn Reviere mit einer Mischung von
beiden. Im Sommer traut er sich manchmal sogar auf die Almen oberhalb der
Baumgrenze. Echt spektakulär ist die Brunftzeit ab Mitte September und bis in
den Oktober hinein, in der das Gebrüll sich tagsüber und auch nachts hören
läßt.
Der Mufflon:
ursprünglich kommt er aus den Bergen Korsikas und
Sardiniens. In den 50er-Jahren wurde er erstmals in den Pyrenäen angesiedelt,
konkret im Carlit-Massiv. Heute ist er auch im Nordosten Andorras zu finden,
sowie in anderen Teilen der Ost-Pyrenäen wie Nuria und das Canigó-Massiv.
Der Gams: das echte Symbol der Pyrenäen. Kommt überall vor, wo das
Gebirge die Höhe 2.000 Meter überschreitet. Die Anzahl der Tiere ist
allerdings sehr von der Jagd beeinflusst, was momentan seine relative
Seltenheit in Andorra erklärt. Auch in benachbarten Gebieten hat die Zahl der Gemse stark abgenommen aufgrund einer Seuche, die seit wenigen Jahren in
manchen Tälern der Zentralost-Pyrenäen wütet.
Zuletzt, eine kleine Erwähnung anderer
Tierarten, die ebenso in dieser Bergwelt vorkommen: Steinadler, Wildschweine,
Füchse, Baummarder, usw. Sehr auffällig ist das Fehlen von zwei
Tierarten, die in den Alpen durchaus einen Platz haben: der Steinbock ( der
pyrenäische Artverwandte ist in Ordesa in den 90er Jahren ausgestorben.), und
der Schneehase, der vermutlich seit der letzten Eiszeit in den Pyrenäen nicht
mehr vorkommt.
Anmerkung: die Angaben über das
Vorkommen einer bestimmten Tierart in den verschiedenen pyrenäischen
Territorien entspricht der Situation im Jahre 2007. Diese Angaben könnten
künftig Veränderungen unterliegen, sollte die jeweilige Tierart sich
ausbreiten oder deren Vorkommen schrumpfen.
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